Aktuelles
Aus den Landeskirchen >>>
Aus den Gemeinden >>>
Aus dem Reformierten Bund >>>
Kolumne >>>
from... - die reformierte App
Newsletter
Wir auf Facebook
Ausgerechnet jetzt?!
Die Evangelische Journalistenschule könnte geschlossen werden. Doch es wächst die Einsicht, dass das ein falsches Signal ist.
Diese Ankündigung hat momentan heftige Reaktionen zur Folge, die die Verantwortlichen in diesem Maß wohl nicht erwartet haben. Ehemalige Absolvent*innen laufen Sturm, aber auch Medienschaffende aus allen Bereichen. Einen Aufruf zur Rücknahme dieses Beschlusses haben die Fernsehmoderatorin Anne Will und zahlreiche Chefredakteure von Zeitungen und Sendern unterschrieben.
Die EJS wird als ein Hort des qualitätsvollen Journalismus geschätzt. Das ist jedenfalls der Grundtenor aller Mitteilungen des Bedauerns. Vor dem Hintergrund, dass immer mehr Medien profit- und reichweitenorientiert arbeiten und den aufsehenerregenden Skandal wichtiger nehmen als wahrheitsgemäße Berichterstattung, sei eine gute journalistische Ausbildung wichtiger denn je.
Auch die Moderatorin des Reformierten Bundes, Kathrin Oxen, äußert ihr Unverständnis für diese Entscheidung: „Wenn die Evangelische Kirche von Journalisten einen Wertekonsens einfordert und gleichzeitig eine Einrichtung wie die Evangelische Journalistenschule geschlossen wird, dann ist das schwer zu vermitteln. Gerade an der Evangelischen Journalistenschule erfahren die SchülerInnen diese Werte für ihre Arbeit.“
Oxen zitiert aus einem Gebet Karl Barths, der um Nüchternheit für alle die bittet, die Tag für Tag für die Zeitung schreiben, und fügt hinzu: „Journalistinnen und Journalisten haben auch heute eine besondere Verantwortung. Sie haben dafür Sorge zu tragen, dass öffentlicher Diskurs ohne Hass, Pöbeleien oder Verzerrungen stattfindet.“
Die Redakteurin von reformiert-info.de, die selbst an der EJS gelernt hat, bestätigt diese Einschätzung: „An der Evangelischen Journalistenschule habe ich nicht nur Journalismus als Handwerk gelernt. Christliche Werte im Umgang miteinander, ein unabhängiger und umsichtiger Umgang mit aktuellen Themen – das alles ist für mich Markenzeichen dieser Schule.“
Karl Barth in einem Interview, das er 1962/63 der TIME gegeben hat: "Zeitungen, sagt er, sind so wichtig, daß «ich immer bete für die Kranken, die Armen, Journalisten, Behörden in Staat und Kirche -- in dieser Reihenfolge. Journalisten formen die öffentliche Meinung. Sie haben eine enorm wichtige Stellung." (gefunden von Achim Detmers)
Verantwortlich für die geplante Schließung ist der Träger der Evangelischen Journalistenschule, das Gemeinschaftswerk Evangelischer Publizistik (GEP). Von dort werden Formate wie der Zeitungsbeileger chrismon und das Internetportal evangelisch.de gesteuert. Der Nachrichtendienst epd und die Rundfunkarbeit sowie Bibel TV gehören ebenso dazu. Aber das GEP bietet auch Fort- und Ausbildungen an. Nun sollen 1,9 Millionen gespart werden – nach Möglichkeit sozialverträglich. Da kam der bevorstehende Ruhestand des Direktors Oscar Tiefenthal gerade recht.
Die Evangelische Kirche in Deutschland kann sich aber auch nicht aus der Verantwortung stehlen, da sie durch ihre Sparbeschlüsse das GEP zu massiven Einsparungen gedrängt hat. Ihr Ratsvorsitzender Heinrich Bedford-Strohm zeigte sich inzwischen auch schon „beeindruckt, wie viele Menschen sich für die bisherige Fortführung der Schule einsetzen, darunter auch viel bekannte Hochkaräter des Journalismus.“ Diese Wertschätzung werde Einfluss auf die weiteren Beratungen mit dem GEP haben. Es besteht also noch Hoffnung, dass die seit 1950 bestehende Einrichtung gerettet werden kann. Die Idee bei der Gründung war eben diese, dass guter Journalismus ein wirksames Mittel gegen Propaganda und Lügen ist. Genau diese Aufgabe hat sie heute wieder mehr denn je zu erfüllen.
Georg Rieger