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Herausgerufen: Mose
Predigt zu Exodus 3,1 - 4,17 von Claudia Malzahn
Predigt zu Exodus 3 – 4, 17 im Rahmen der Reformierten Predigtreihe „Herausgerufene – Gottes befremdliche Aufträge“ (Flyer der Reihe >>>)
gehalten in der Antoniterkirche, Köln,Sonntag, den 13. Februar 2011,
von Pfarrerin Claudia Malzahn
Gott ruft Menschen. Gott kennt sie beim Namen. Und Gott offenbart seinen Namen: ICH BIN DA!
Vom Menschen Mose und seinen Gottesbegegnungen erzählen uns vier biblischen Bücher. Einige Stichworte aus diesen vielen Geschichten möchte ich nennen, die den Kontext für unsere Berufungsgeschichte des Mose bilden:
Mose, das war
ein neugeborener hebräischer Junge, der ausgesetzt wurde, weil die Ägypter aus Angst vor Überfremdung die Ermordung der Neugeborenen anordneten,
ein Baby, das im ägyptischen Herrscherhaushalt als Findelkind aufgezogen wurde,
ein junger Mann, der bei den Ägyptern aufwuchs und dann als quasi ägyptischer Aufseher mit hebräischem Migrationshintergrund einen Ägypter erschlägt, der die Sklaven schlecht behandelte,
ein Mörder, der fliehen muss in die Wüste,
ein Fremder im Land Midian, der das Herz von Zipporah, der Tochter eines midianitischen Priesters, gewinnt und so eine Arbeit als Hirte und ein zweites zu Hause in einer fremden Familie findet,
ein Hirte, dem Gott begegnet und der ihn beruft,
ein berufener Mann, der mit ausländischer Frau und Kind erneut aufbricht und zurückgeht zu seiner Herkunftsfamilie, zu den Israeliten in Ägypten. Dort verhandelt er mit dem Pharao, in dessen Haus er aufwuchs die Befreiung aus der Sklaverei, und führt schließlich das Volk Israel durch das rote Meer und durch die Wüste, hin zu dem Land, wo Milch und Honig fließt,
ein Mann, der nicht allein unterwegs ist sondern mit Aron und Miriam das Volk anführt auf dem langen Weg durch die Wüste,
ein Mann, der allein die Gebotstafeln auf dem Horeb empfängt,
ein Mann, der wie Viele seines Volkes das nicht erreicht, was verheißen ist: Mose sieht es nur aus der Ferne, das gelobte Land.
Wir lesen jetzt aus dem Buch Exodus aus Kapitel 3 und 4 in der Übersetzung der Bibel in gerechter Sprache, dieser Bibelübersetzung von 2006, die uns in unseren üblichen Lese- und Hörgewohnheiten unterbricht.
- Textlesung -
Gott ruft Menschen. Gott kennt sie beim Namen. Und Gott offenbart seinen Namen: ICH BIN DA!
Mose, Mose! – Ja, hier bin ich. – Ziehe Deine Schuhe aus, denn dies ist heiliger Boden.
Der Dornbusch brennt und verbrennt doch nicht. Der Hirte des midianitischen Priesters in der Wüste nahe des Horebs kommt und sieht. Und er hört. Er zieht seine Schuhe aus. Und er verhüllt sein Gesicht im Angesicht des Heiligen. „Ich habe das Schreien meines Volkes gehört. Ich will Euch retten und ich sende Dich!“ – Wer bist Du? - Ich bin der Gott deiner Vorfahren. Ich bin da – ist mein Name.
So weit geht die erste Szene dieser langwierigen Berufung. In dieser Abgrenzung, Ex. 3, 1-14, ist die Szene von Mose am Dornbusch übrigens der für den heutigen letzten Sonntag nach Epiphanias vorgeschlagene Predigttext.
Mose, der flüchtige Mörder lebt als Hirte im Hause eines midianitischen Priesters, verheiratet mit dessen Tochter Zipporah, als er allein in der Wüste dem brennenden Dornbusch nahe kommt. Der Gott, der sich ihm hier offenbart, bezieht sich auf die israelitischen Ureltern, auf Abraham, Isaak und Jakob. Die Gottheit, die ihn beruft, nennt ihren Namen: Ich bin da. Ich habe die Not meines Volkes gesehen und will sie wenden. Ich will Dich schicken, damit ihr aus der Sklaverei flieht und in ein neues Land aufbrecht, ein Land, in dem Milch und Honig fließt.
Wir hören dies 2011. Flucht aus Unterdrückung und Aufbruch in ein Land, in dem es Leben in Fülle gibt, ist weltweites Thema. Wir erleben es an den Außengrenzen Europas aktuell im Zusammenhang mit den Umwälzungen in Nordafrika. Auch in unserer deutschen Geschichte haben in den vergangen Jahren verstärkt die Menschen, die Krieg und Vertreibung als Kinder erlebt haben, zu sprechen begonnen. Heute, am 13.Februar, wird in Dresden erinnert und gemahnt eines angemessenen Umgangs mit unserer Geschichte. Und wenn ich lese, dass Gott das Schreien Israels in Ägypten gehört hat und Mose als Retter schickt, lese ich dies als Tochter der Generation, die Theologie nach Auschwitz denkt. Wir wollen so glauben, dass unser Reden von Gott nicht unglaubwürdig wird im Angesicht des Leides und Mordens, das nicht verhindert wurde und wird durch ein Eingreifen Gottes.
Ich bin da. Ich stehe Dir zur Seite. Du hast Zeichen, die Dir Mut machen, wenn Du aufbrichst mit mir. So antwortet die Stimme aus dem Dornbusch auf die ersten Abwehrversuche seines Beauftragten Mose.
Eine zweite, lange Gottesrede konkretisiert den Auftrag:
Wenn Du in Ägypten bist, wirst Du mein Volk überzeugen, dass ich Dich beauftragt habe, aus der Sklaverei zu auszubrechen. Mit den Ältesten gehe zum Pharao und kündige an, dass ich euch beauftragt habe, in die Wüste zu gehen. Und die Ägypter werden euch nicht freiwillig ziehen lassen. Also wird Schrecken über Ägypten kommen und ihr werdet frei kommen, ausgerüstet mit dem, was für den langen Marsch nötig sein wird.
Aber Mose bleibt in seiner Abwehr des Auftrages. Sie werden mir nicht glauben! Warum sollten sie das auch tun?
Da verleiht ihm die Gottheit Wunderkräfte. Ein Stab, der zu einer lebendigen Schlange wird, eine Hand, die aussätzig wird und wieder gesund, Nilwasser, das in Blut verwandelt wird.
Wunderzeichen dieser Art sind für uns heute nach der Aufklärung schwer als Hilfestellung zum Glauben zu sehen. Ein Glaube, für den es nötig ist, den kritischen Verstand an der Kirchentür abzulegen, ist kein Ziel. Wir leben mit Säkularisierung und Fundamentalismus, großen Esoterikabteilungen und wenig Erfahrung mit erwachsenem christlichen Glauben. Vom Wunder der Geburt sprechen junge Eltern staunend. Vom Wunder von Chile titelten die Zeitungen nach der Rettung der eingeschlossenen Bergleute in der Wüste im vergangenen Jahr. Aber unser Glauben an Gott verbinden Christen heute selten mit Wundererfahrungen. Wunderbares zu erleben ist kostbar, aber doch kaum geeignet, Andere zu überzeugen, so wie in der Mosegeschichte der Stab als Wunderzeichen.
Und erstaunlicherweise sind auch für Mose die Wunderzeichen nicht das Ausschlaggebende. Denn auch nach allen Wundern, die Gott ihn erfahren lässt, will Mose sich nicht senden lassen zu diesem Auftrag. „Mein Mund ist unbeholfen, meine Zunge ist schwer.“ Die Gottheit antwortet: „Ich werde bei dir sein und Dir sagen, was Du reden sollst.“ „Schicke, wen du willst!“ - aber mich nicht!
Zornig wird Gott. Er erweitert seinen Auftrag. Nicht Mose allein, sondern Mose mit seinem Bruder Aron sollen gemeinsam verantwortlich sein, diesen Auftrag auszuführen. Und wir wissen aus dem Fortgang der Erzählung, dass auch Miriam, die Schwester der beiden, als Prophetin eine wichtige Rolle spielt. Dieser erweiterte Auftrag kommt bei Mose an. Er bespricht sich mit seinem Schwiegervater, mit dem das Volk Israel später, während des Zuges durch die Wüste am Fuße des Horeb ein gemeinsames Opfermahl feiern wird. (Ex. 18) Daraufhin nahm Mose seine Frau und Kinder, setzte sie auf den Esel und brach auf nach Ägypten mit dem Gottesstab in der Hand. (Ex. 4,20)
Gott ruft Menschen. Gott kennt sie beim Namen. Und Gott offenbart seinen Namen: ICH BIN DA!
Die Berufung am Dornbusch führt zum Aufbruch: zunächst nach Ägypten, dann durch die Wüste und schließlich zum Ausblick auf das Land, in dem Milch und Honig fließt. Mose ist herausgerufen. Mit Argumenten und Befürchtungen wehrt er sich gegen Gottes erstaunlichen Auftrag, bis er Wunderzeichen erlebt und andere Menschen zur Seite gestellt bekommt und schließlich losgeht. Ich bin da – der Gott, dem schon die Menschen vor ihm und um ihn herum vertrauten, ist mit unterwegs. Auf geht´s!
Und der Friede Gottes, der unser Denken und Planen übersteigt, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. AMEN.
Pfarrerin Claudia Malzahn