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Würdigung für den Flüchtlingspfarrer Paul Vogt
ein Buchtipp
Wer war Paul Vogt und warum sollten TheologInnen in Deutschland sich für ihn interessieren?
1937 gründete Vogt zusammen mit Zürchern Pfarrern und unterstützt von Karl Barth das Schweizerische Hilfswerk für die Bekennenden Kirche in Deutschland (1937-1947). Das Hilfswerk ermöglichte BK-Pfarrern und ihren Familien Erholungsaufenthalte in der Schweiz und schuf mit den Wipkinger-Tagungen einen regen Austausch über theologische Fragen. Praktische Hilfe und theologische Theorie waren im Hilfswerk - ganz im Sinne Barths - nicht zu trennen.
In den Kriegsjahren galt die Hilfe zunehmend Flüchtlingen, zunächst Christen jüdischen Ursprungs, später auch Jüdinnen und Juden, die aus Nazideutschland geflohen waren. 1943 wurde mit Paul Vogt ein offizielles Flüchtlingspfarramt geschaffen.
Im November 1942 informierte der Zürcher Rabbiner Zwi Taubes das Hilfswerk über die im Gang befindliche «Abschlachtung» der Juden Europas. Dies war der Anlass für das christliche Hilfswerk, sich in Wort und Tat auch für die verfolgten Juden einzusetzen. 1944 gelang es Paul Vogt zusammen mit seinem Mitarbeiter Pfarrer Hans Schaffert, der im Internierungslager in Gurs, Südfrankreich, selbst Zeuge der Deportation von Juden gen Osten geworden war, die sogenannten Auschwitzprotokolle zu veröffentlichen und damit dem Schweigen der schweizerischen Regierung über die Schoa ein Ende zu setzen.
Paul Vogts Wirken hat wahrlich eine Biografie verdient. Heinrich Rusterholz, ehemaliger Vorstandspräsident des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes (1987 – 1998), hat sie geschrieben mit Hingabe für die historischen Dokumente und Liebe fürs Detail. Rusterholz schildert mit Vogts Lebenslauf die Geschichte des Hilfswerks für die Bekennende Kirche und zeichnet die Anfänge des jüdisch-christlichen Gesprächs in der Schweiz nach, das mit der Gründung der Christlich-jüdischen Arbeitsgemeinschaft zur Bekämpfung des Antisemitismus im April 1946 auch ein institutionelles Gesicht erhielt.
Bei aller Würdigung des Engagements Paul Vogts und seiner Mitstreiter verschweigt Rusterholz nicht, dass trotz des großen Einsatzes von Pfarrern und Gemeinden der reformierten Kirchen die Hilfe für Verfolgte „relativ bescheiden“ blieb gegenüber der Hilfe der jüdischen Gemeinschaft.
Angesichts der heute, im 21. Jahrhundert in Europa Zuflucht suchenden Menschen aus Afrika, dem Nahen und Mittleren Osten berühren die von Rusterholz ans Licht gebrachten Dokumente besonders, etwa die Resolution zur Flüchtlingsfrage vom Januar 1947. Rund 400 Teilnehmer der 7. Wipkinger-Tagung zeigten sich „beunruhigt über die Tatsache, dass anderthalb Jahre nach Beendigung des Krieges die Flüchtlingsprobleme in unsrem vom Krieg verschonten Land noch immer nicht gelöst werden konnten.“
Mit ihrem „dringenden Appell“ an die eidgenössischen und kantonalen Behörden, die „Flüchtlingsfragen“ „würdig und gerecht zu regeln“, verbanden die Versammelten die Hoffnung, „dass unser vom Krieg verschontes Schweizervolk willig bereit sei, einen Teil der Opfer zu tragen, die heute in aller Welt für die Lösung der Flüchtlingsprobleme gebracht werden müssen.“
Die Theologische Fakultät Zürich würdigte Paul Vogts Arbeit im April 1947 mit der Verleihung des Ehrendoktors honoris causa. Im April 2016 verlieh dieselbe Fakultät Vogts Biografen Heinrich Rusterholz die Ehrendoktorwürde für seine Verdienste um die Aufarbeitung der Flüchtlingsthematik in den Schweizer Kirchen zur Zeit des Zweiten Weltkriegs anhand seiner Studie über den Pfarrer Paul Vogt und die Christlich-Jüdische Arbeitsgemeinschaft.
*Zitat aus einer Meldung auf kathbern.ch:
http://www.kathbern.ch/pfarrblatt-angelus/
Barbara Schenck, Juni 2016
Heinrich Rusterholz
«… als ob unseres Nachbars Haus nicht in Flammen stünde»
Paul Vogt, Karl Barth und das Schweizerische Evangelische Hilfswerk für die Bekennende Kirche in Deutschland 1937–1947
TVZ 2015
712 Seiten, Hardcover mit zahlreichen s/w-Abbildungen
ISBN 978-3-290-17712-6
CHF 72.00 - EUR 65.00 - EUA 66.90