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Estomihi: Markus 8,31-38 - Wer sich Christi und seiner Worte schämt
von Johannes Calvin
Markus 8, 38
Wer sich aber mein und meiner Worte schämt unter diesem abtrünnigen und sündigen Geschlecht, dessen wird sich auch des Menschen Sohn schämen, wenn er kommen wird in der Herrlichkeit seines Vaters mit den heiligen Engeln.
Matth. 10, 32. „Wer mich bekennt vor den Menschen ...“ Er wendet jetzt auf seinen vorliegenden Zweck an, was er vorher über die Verachtung des Todes dargelegt hat; denn man muß mit dem Entsetzen vor dem Tod ringen, damit es uns nicht vom freien Bekenntnis des Glaubens abhalte. Gott fordert es unnachgiebig; die Welt aber kann es nicht ertragen. Darum also sollten Christi Jünger tapfer und beherzt sein, damit sie immer zum Martyrium gerüstet sind. Wenn das Bekenntnis zu Christus auch von der Mehrzahl der Menschen als belanglose Sache vernachlässigt wird, so gilt es doch als besonders wichtige Weise, Gott zu verehren, und als einzigartige Übung der Frömmigkeit, und das mit Recht. Wenn irdische Könige ihre Untertanen zu den Waffen rufen, um die Ausdehnung ihres Ruhmes sicherzustellen und ihren Reichtum zu vermehren, warum sollten die Gläubigen nicht wenigstens mit der Zunge die Herrlichkeit ihres himmlischen Königs preisen? Darum ist klar, daß der Glaube derer, die ihn im Innern verbergen, soviel an ihnen liegt, erlischt; denn sein äußeres Bekenntnis ist nicht überflüssig. Christus ruft uns hier nicht ohne Grund zu seinen Zeugen auf, durch deren Mund sein Name in der Welt gefeiert werden soll. Christus will, so behaupte ich, das Bekenntnis seines Namens falschen Religionen entgegensetzen. Weil das aber keine angenehme Sache ist, fordert er uns (eigens) zur Zeugenaussage auf, damit nicht der Glaube im Herzen eines jeden ersticke und unbekannt bleibe, sondern öffentlich den Menschen in den Weg trete. Wer sich zurückzieht und schweigt, sagt sich der nicht selbst von der Hausgenossenschaft Gottes los, indem er Gottes Sohn hintergeht? Natürlich wird von Lehrern ein klareres Bekenntnis des Glaubens verlangt als von gewöhnlichen Leuten. Da nicht alle mit dem gleichen Anteil von Glauben begabt sind, muß darum einer mit seinem Beispiel vorangehen, wenn er sich durch Geistesgaben auszeichnet. Doch gibt es niemanden unter den Gläubigen, den der Sohn Gottes nicht zum Zeugen begehrte. Sonst ein sicheres Gesetz aufzustellen, wo, wann, wie oft, auf welche Weise und wieweit wir unseren Glauben bekennen sollen, ist schwierig; man muß eben auf die Gelegenheit achten, um zu rechter Zeit seine Pflicht zu erfüllen. Auch müssen wir vom Herrn Klugheit und Stärke an Geist erbitten, damit wir unter seiner Führung erkennen, was geboten ist, und tapfer ausführen, was uns als sein unzweifelhafter Auftrag gewiß ist.
„Den will ich auch bekennen.“ Es wird eine Verheißung hinzugefügt, die unseren Eifer in dieser Hinsicht anspornen soll. Doch sind die Gegensätze zu beachten: denn wenn wir uns mit dem Sohn Gottes vergleichen, wie schmählich ist es dann, ihm unser Bekenntnis zu verweigern, wo er uns umgekehrt das seine wie zur Belohnung anbietet! Wenn wir sterblichen, nichtigen Menschen uns mit Gott, den Engeln und der ganzen himmlischen Herrlichkeit messen, wieviel trefflicher ist doch die Verheißung Christi gegenüber seiner Forderung an uns! Denn wie ungläubig und töricht die Menschen auch sein mögen, so schätzt doch Christus das Zeugnis, das wir vor ihnen ablegen, ebenso hoch, wie wenn es vor der Versammlung Gottes und der Engel geschähe. Darum wird bei Markus zur Steigerung gesagt: „Unter diesem abtrünnigen ... Geschlecht“, damit wir nicht etwa meinen, unsere Mühe sei vergebens, wenn wir keine geeigneten Hörer haben. Ferner, wenn jemanden diese Verheißung noch nicht genügend berührt, folgt die schreckliche Drohung, daß Christus bei seinem Erscheinen als Richter der Welt alle verleugnen werde, die ihn treulos vor den Menschen verleugnet hätten. Laßt doch die Feinde des Kreuzes jetzt laufen und sich in ihrer Heuchelei gefallen! Christus wird sie aus dem Buch des Lebens tilgen. Denn welche Menschen erkennt Gott wohl am Jüngsten Tag als Söhne an außer denen, die ihm von Christus genannt werden? Und er prophezeit ihnen, daß er gegen sie zeugen werde, damit sie sich nicht fälschlich eindrängen. Was es über das Kommen Christi heißt in der Herrlichkeit des Vaters und der Engel, bedeutet, daß seine göttliche Ehre dann strahlend offenbar werden muß und daß die Engel, wie sie jetzt Gottes Thron säumen, ihm zu Diensten stehen werden, um seine Majestät zu krönen. Die Stelle in Lukas 21 entspricht dem Zusammenhang bei Matthäus. Was wir freilich aus Lukas 9 und Markus 8 herangezogen haben, scheint bei anderer Gelegenheit gesprochen zu sein, aber weil die Lehre durchaus ähnlich ist, durfte man die Stellen wohl verbinden.
Aus: Calvin, Auslegung der Heiligen Schrift, Die Evangelienharmonie 2. Teil, Neukirchener Verlag 1974, S. 310ff.